Offener Brief an die Nordstädter*innen

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Zur aktuellen Situation haben wir uns mit einem Offenen Brief an alle Nordstäfter*innen gewandt!

Liebe Nordstädter*innen,
Auf dem Bumke-Gelände am E-Damm 5/9 plant der Investor Gerlach den Abriss aller Gebäude, um exklusive Eigentumswohnungen, frei finanzierte Mietwohnungen (15 €/m²) und befristet „preisgedämpfte“ Wohnungen zu bauen. Zunächst wird letztgenannter Anteil der Wohnungen auch für unsere Alltagsheld*innen wie Supermarktangestellte oder Kranken-pfleger*innen bezahlbar sein. Nach Auslaufen der Fristen (je nach Förderung in 10, 15 oder 20 Jahren), wird dann „frei vermarktet“. In der Krise Held*innen, nach der Krise „Raus aus Nordstadt“? Nicht mit uns! Wohnungen sollten ein sicheres „zu Hause“ bieten und keine Ware sein, wo die Menschen, wenn sie nicht in das Profitkonzept des Eigentümers passen, einfach ausgetauscht werden.

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In Corona-Zeiten sehnen wir uns alle nach Normalität, aber wir wollen nicht zurück zu einer Normalität, in der Obdachlosigkeit, Verdrängung und Mietsteigerungen „normal“ sind. Die Krise bietet Chancen zu überlegen, was wirklich wichtig ist. Und tatsächlich wächst bei Vielen die Erkenntnis, dass Grundbedürfnisse wie Gesundheit und Wohnen nicht Profitinteressen überlassen werden dürfen. Aber eines kann uns niemand als „wirklich wichtig“ verkaufen: dass Gerlach mit seinem bisherigen Vermögen von 250 Mio Euro, besser 251 (oder 255?) Mio. haben sollte. Genau auf diesem Ziel basiert aber die bisherige Planung zum Bumke-Gelände.
Und hat die Krise nicht gezeigt, dass wir alle in einem Boot sitzen, auch weil wir ja wirklich keinen Planeten B haben? #fighteverycrisis. In der Vorstellung der Immobilienbranche ist es aber ein Boot, wo die einen immer mehr Rudern müssen, um die Gewinne derer auf dem Oberdeck zu sichern. Denn wer jetzt eine Kabine in der Nordstadt sucht, muss jetzt schon 52 % mehr Rudern Miete zahlen) als noch vor wenigen Jahren. Und was macht der Oberkapitän, wenn sich die Menschen auf dem Unterdeck organisieren und eine Petition mit 2500 Unterschriften bei der Schiffsverwaltung einreichen, um eine paar neue Kajüten in gemeinwohlorientierter Trägerschaft zu bekommen – ohne Profite mit der Miete? Das werden wir sehen – die
Schiffsverwaltung empfiehlt: „Ignorieren“. Dann ist es aber nicht die Zeit zum Aufgeben und Weiterrudern – dann ist es Zeit für eine Meuterei.
Denn es geht uns nicht darum, „die führenden Politiker [..] anzubetteln, dass sie sich kümmern sollen. Ihr habt uns in der Vergangenheit ignoriert und ihr werdet uns wieder ignorieren. [.] Es geht darum „Euch zu sagen, dass der Wandel kommen wird, ob es Euch gefällt oder nicht. Die wirkliche Macht gehört den Menschen.“ Diese Worte von Greta Thunberg passen auch zur Wohnungspolitik. Deshalb wenden wir uns in diesem Offenen Brief auch nicht an den Oberbürgermeister, sondern direkt an die Nordstädter*innen. Mit dem dringenden Aufruf: informiert Euch und werdet aktiv.
Wir waren und sind jederzeit bereit, uns einem konstruktiven Dialog zu stellen – sofern dieser auf der Grundlage überprüfbarer Sachargumente basiert – und nicht auf vom Investor bereitgestellten (Fehl-)Informationen. Wir sollten jedenfalls nicht auf die Gnade des Investors hoffen oder uns auf die Einsichtigkeit der Politik verlassen. Wenn die Nordstadt nicht für immer mehr Menschen unbezahlbar werden soll – müssen wir JETZT deutlich machen, dass sie unverkäuflich ist.
Wenn Gerlach & Co die Nordstadt zur Ihrem Monopoly-Spielfeld machen wollen – müssen wir Ihnen dieses Spiel gemeinsam verderben.
Mit solidarischen Grüßen
Bumke selber machen –
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