Häufige Fragen / FAQ

Was sind denn diese „gemeinnützigen“ Wohnungen?

Unter gemeinnützigen Wohnungen verstehen wir Mietwohnungen in gemeinnütziger Trägerschaft. Das heißt die Wohnungen gehören einer Institution, die nicht auf eine „Rendite mit der Miete“ aus ist, sondern deren Ziel es ist, günstigen Wohnraum bereitzustellen. Solche Institutionen sind oft Genossenschaften (aber nicht alle Genossenschaften sind gemeinnützig!), aber auch Stiftungen, Vereine oder GmbHs sind möglich. Beispiele für solche Institutionen in Hannover sind die WOGE in der Nordstadt, die Selbsthilfe Linden oder die Wobau Hannover-Ost . Eine Variante in Selbstverwaltung sind Wohnprojekte im Rahmen des Mietshäusersyndikats (gibt es in Hannover bisher in Linden-Nord und Badenstedt). Sinnvolle Optionen können auch Erbbaurechtsverträge sein z.B. Sprengel in Hannover, Gängeviertel in Hamburg, bei denen die Flächen in kommunalem Besitz verbleiben, die Flächen aber langfristig verpachtet werden und bebaut werden können. Zudem können kommunale oder landeseigene Wohnungsbaugesellschaften das Kriterium „gemeinnützig“ prinzipiell erfüllen (aber nur wenn diese z.B. keine Gewinne an die öffentlichen Haushalte abführen, sondern ihre Einnahmen ausschließlich für den Erhalt und Neubau von Wohnungen und der dazugehörigen Infrastruktur verwenden).

… und sind “gemeinnützige” Wohnungen dasselbe wie Sozialwohnungen? 

Der Begriff “Sozialwohnung” beschreibt etwas Anderes als “gemeinnützig”. Hier gibt eine staatliche Förderung und im Gegenzug verpflichtet sich der/die Geförderte, insbesondere bestimmte Mietpreisgrenzen einzuhalten, vermietet werden kann nur an einkommensschwache Gruppen (Nachweis über einen “B-Schein” = Wohnberechtigungsschein, des gibt auch Förderungen mit preisgebundenen Wohnraum für mittlere Einkommen). Zudem kann eine Fördermittelgeberin wie die Stadt Hannover sogenannte “Belegrechte” bekommen, dann darf sie sich quasi die Mieter*innen aussuchen. Sozialwohnungen sind somit eigentlich ein wichtiges Instrument, um Menschen zu unterstützen, die auf dem freien Wohnungsmarkt kaum Chancen haben. Dies alles ist allerdings zeitlich befristet: in Hannover je nach Förderweg (B, C oder D) 10 oder 15 Jahre (s. Infoseite der Stadt: https://www.hannover.de/Leben-in-der-Region-Hannover/Planen,-Bauen,-Wohnen/Stadterneuerung-F%C3%B6rderung/Wohnraumf%C3%B6rderung-in-Hannover/Mietwohnraumf%C3%B6rderung). Nach Auslaufen der Bindung kann die Wohnung aber “frei vermarktet” werden. Deshalb ist der Status “Sozialwohnung” allein nur eine mittelfristige Entlastung im Wohnungsmarkt. Langfristig sicher vor dem Kapitalmarkt sind Sozialwohnungen nur, wenn sie unter gemeinnütziger Trägerschaft stehen. Derzeit laufen übrigens bei mehr Sozialwohnungen die Bindungen aus als das neue in die Bindung kommen ! (Zahlenbeispiel: Standen in Niedersachsen im Jahr 2000 noch 132.000 preisgebundene Wohnungen zur Verfügung, waren es im Jahr 2016 nur noch 86.000, eine auführliche Darstellung findet sich in der DGB-Studie von 2019: “Bezahlbarer Wohnraum für alle!” Dort heißt es auch “Die temporären Mietpreisbindungen sind dabei ein Fehler im System.”

Es gibt also Schnittmengen: „gemeinnützige Sozialwohnungen“, aber nicht alle Sozialwohnungen sind gemeinnützig und nicht alle gemeinnützigen Wohnungen sind Sozialwohnungen.

Aber wenn das an einen privaten Investor verkauft wurde, dann können wir doch gar nichts mehr machen?

Das ist nicht richtig. Da das Bumke-Gelände in erheblichem Maße verändert werden soll, ist eine Änderung des Bebauungsplans erforderlich. Hier haben die Bezirksräte eine beratende Funktion und beschlossen werden muss der Bebauungsplan durch den Rat der Stadt Hannover. Ein bewährtes Instrument um öffentliche Interessen abzusichern, ist in diesem Zusammenhang ein „städtebaulicher Vertrag“. Dies ist eine bindende  Vereinbarung zwischen der Stadt und dem/der Eigentümer*in. Die Stadt kann also viel Einfluss nehmen! Die Stadtverwaltung hat auch bestätigt, dass es keine Vorvereinbarung mit dem Investor gibt (HAZ 20.06.19). Das heißt für uns: wir sollten allen Beteiligten unsere Interessen möglichst schnell und klar verdeutlichen. Eine erste Möglichkeit dazu ist unsere Petition an den Rat der Stadt Hannover. Mit Gerlach als gewinnorientiertem Investor ist keine Lösung möglich, die den Interessen der Menschen in der Nordstadt gerecht werden würde. Das Einfachste wäre demnach, die Stadt bietet dem Investor nur einen städtebaulichen Vertrag an, mit dem der Investor keinen Gewinn machen kann und schon werden sich ganz neue Perspektiven eröffnen: eine Planung für das Bumke-Gelände, die sich an den Bedürfnissen der Menschen im Stadtteil und nicht an den Profitinteressen eines Investors orientiert.

Was ist denn nun so eine Anwaltsplanung, die Ihr fordert?

In einer Anwaltsplanung geht es z.B. darum auch die fachlichen Grundlagen fair und transparent diskutierbar zu machen. Die meisten Betroffenen einer Planung haben ja nur begrenztes Wissen zu Architektur und Planungsrecht. Die Anwaltsplanung funktioniert als Anwalt*in der Interessen der Menschen vor Ort und befähigt diese auf Augenhöhe mitzureden. Die Anwaltsplanung kann die Interessen benachteiligter Bevölkerungsgruppen stärker zur Geltung bringen und könnte Alternativplanungen mit den Betroffenen erarbeiten. Außerdem trägt sie dazu bei, dass Planungsprozesse verständlicher und »durchsichtiger« werden. Ihre unterstützende Funktion fördert die Selbstorganisationsprozesse der Bürger*innen. In Konflikten kann sie vermittelnd tätig werden. https://www.buergergesellschaft.de/mitentscheiden/methoden-verfahren/planungsprozesse-initiieren-und-gestaltend-begleiten/anwaltsplanung/

Allerdings ist eine Anwaltsplanung nicht gleichbedeutend mit einer „gleichberechtigten“ Entscheidungsfindung. Deshalb sind die konkreten Bedingungen einer Anwaltsplanung sehr genau zu prüfen (denn auch Anwaltsplanungen können dazu eingesetzt werden, letztlich leicht modifizierte Investorenplänen zur Akzeptanz zu verhelfen). Deshalb ist es wichtig, zu Beginn der Planung klare Spielregeln auch zur Entscheidungsfindung zu definieren. Denn eine Anwaltplanung hebt ggf. Informationsungleichgewichte auf, nicht jedoch Machtungleichgewichte. Deshalb wäre es auch im Falle einer Anwaltsplanung sehr wichtig, dass wir uns in der Nordstadt als „Gegenmacht von unten“ organisieren, um Druck auf die über den Bebauungsplan entscheidende Politik aufbauen. Denn auch bei einem runden Tisch kann mensch über den Tisch gezogen werden ! 

Aber wir brauchen doch mehr Wohnungen, kann da ein Investoren wie Gerlach nicht helfen, mehr Wohnungen zu bauen?

Ohne Investor*in wäre das Bumke Gelände bei Bauträgern gelandet, die zwar nicht so zahlungswillig im Sinne von Höchstgeboten sind wie Gerlach, aber bezahlbare Wohnungen gebaut hätten. Eine Mischung aus WOGE (der örtlichen, gemeinnützigen Wohnungsgenossenschaft in der Nordstadt) und lokalen Initiativen kann viel besser bedarfsgerechte Wohnungen planen und bauen.

Ein Investor wie Gerlach baut das, was er am Markt absetzen kann, eine gemeinnützige Genossenschaft das, was wir in unserer Petition fordern: gemeinnützige Wohnungen ohne „Profite mit der Miete“.

Auch Beispiele wie die Wasserstadt Limmer zeigen, dass ein auf noch mehr Rendite spekulierender Investor Prozesse unnötig verkompliziert und verlangsamt (weil er auf weiter steigende Preise hofft). Ein anderes prominentes Beispiel sind die Esso-Häuser in Hamburg. Hier führte das Engagement der Investorin (Bayerische Hausbau) zwar zu einer schnellen Räumung (2013)/Abriss der alten Gebäude, aber bis jetzt (2019!) ist dort noch keine einzige Wohnung gebaut! 

Die Nordstadt braucht schnell mehr bezahlbaren Wohnraum, aber ganz bestimmt keinen „Investor“, der mit seiner Rendite die Wohnungen unnötig verteuert! 

Wie viele Auflagen können dem Investor rechtlich überhaupt gemacht werden?

Bisher bieten die Vorschläge von Investorenseite keine verbindlich Zugeständnisse (es gibt lediglich einen nicht verbindlichen Anteil von 12% für Genossenschaften und dazu befristet preisgedämpften Wohnungsbau , der mit hohen finanziellen Zuschüssen an den Investor verbunden ist, also nur bedingt eine profitschmälernde Auflage ist). Von Seiten des Investors Gerlach wird behauptet, dass Forderungen Richtung „gemeinnütziger Wohnraum“/weniger Eigentumswohnungen (30%) wirtschaftlich nicht darstellbar wären (= er „braucht“ hochpreisig vermarktbare Eigentumswohnungen). Zudem dürfe ein Investor von der Stadt über die Festsetzungen in der Bebauungsplanung(B-Plan)/dem städtebaulichen Vertrag nicht übermäßig belastet werden. Sonst wäre der B-Plan nicht „rechtssicher“, weil der einzelne Investor benachteiligt wird und klagen könnte, sagt die Stadt. Aber: Auch wenn es Investor*innen gerne sähen, es gibt auch rechtlich kein „Recht auf Rendite“. Wenn sich Gerlach mit einem zu hohen Kaufpreis verspekuliert hat, hat er sich eben verspekuliert und keinen Anspruch, dass er durch geringe Auflagen der Stadt seine Rendite gerettet kriegt. Denn auch die Stadt Hannover bestätigt unsere Einschätzung: die rechtliche Zumutbarkeit der Auflagen hängt nicht von dem tatsächlichen Kaufpreis ab, sondern von einem Wert, der für aufgrund festgelegter Kriterien anzusetzen ist.

Klar ist, dass es nicht einfach ist, die rechtliche Lage einzuschätzen, das belegt aber in erster Linie, wie sinnvoll und wichtig es ist, eine externe, neutrale Expertise hinzuzuziehen.

Klar ist aber auch: es gibt Beispiele von städtebaulichen Verträgen, wo es sehr weitgehende und detaillierte Festsetzungen gibt (z.B. dauerhaftes Verbot Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umzuwandeln).

Eure Kritik an den Vorschlägen des Investors mag ja inhaltlich stimmig sein, aber geraten wir nicht langsam unter Zeitdruck?

Falls der Investor und Teile des Arbeitskreises nun argumentieren, wir müssen jetzt doch auch mal fertig werden und eine grundlegende Überarbeitung würde ja eine Menge Zeit kosten, passt dies in Gerlachs Konzept: selbst verschuldete Fehler (=hoher Kaufpreis, intransparente Planung) in scheinbare Sachzwänge zu seinen Gunsten umzuwandeln.

All das, was jetzt dringend erforderlich ist (neutrale Prüfungen zu Total-Abriss vs. Umnutzung, Prüfung Autofreies Quartier, Möglichkeiten für gemeinwohlorientierte Träger etc.) haben wir frühzeitig angemahnt (im Arbeitskreis, im Zukunftsforum#1 und #2, über unsere Petition und zuletzt präzisiert in unserem Offenen Brief an den Arbeitskreis).

Es wäre also ein Leichtes gewesen, rechtzeitig und effizient eine neutrale Expertise einzukaufen. Das hätte zwar Geld gekostet, aber um zumindest die Kernpunkte ehrlich zu bearbeiten, hätten wenige zehntausend Euro gereicht und das ist weniger als ein Promille des Projektvolumens der Bumke-Bebauung von über 50.000.0000 Euro. Ein Schelm, wer nun denkt, dass sich Gerlach mit dieser Verschleierungstaktik einfach nur einen Millionengewinn erschleichen will, statt eine ehrliche Interessensabwägung zu ermöglichen.

Wenn „wir“ (sei es als Nordstadt, sei als Stadt Hannover, sei als Politik) Gerlach mit so einem Planungsverhalten (=“verarsche & verdiene“) durchkommen lassen, wäre das ein fatales Signal, dass eine hohe Rendite des Einzelnen mehr zählt als transparenter Dialog und Interessen des Gemeinwohls.

Und: wir müssen für die weitere Planung nicht bei Null anfangen, es ginge aber darum, die bisherigen Bestandsaufnahmen und Diskurse in eine Anwaltsplanung einzubringen und Konflikte zielorientiert zu bearbeiten (und nicht wie bisher einfach auszusitzen). Dazu passt, dass sich auch der Auszug der Firma Bumke verzögern wird. Die so gewonnene Zeit gilt es nicht weiter in einem investorengesteuerten Verfahren zu vergeuden.

Fazit: Gerlach war bisher offensichtlich nicht in der Lage eine akzeptierte Planung voranzubringen, d.h. es wäre nun eiligst geboten, zu überlegen, wie das Gelände statt in eine profitmaximierende in eine gemeinwohlorientiere Eigentümerschaft zu überführen wäre.