2500 Unterschriften für dauerhaft günstige Mieten ignoriert!

Hiermit wollen wir die Nordstädter*innen informieren, wie ihre Willensbekundungen und Bedürfnisse systematisch ignoriert werden. Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen: Dauerhaft günstigen Wohnraum wird es mit Gerlach und anderen privaten Investor*innen nicht geben. Deswegen möchten wir unsere Forderungen noch einmal in aller Deutlichkeit klar machen:

1. Die Aufnahme der Gemeinnützigkeit des gesamten entstehenden Wohnraums in den städtebaulichen Vertrag. Die Mieten müssen dauerhaft günstig sein.

Unter gemeinnützigen Wohnungen verstehen wir Mietwohnungen in gemeinnütziger Trägerschaft. Das heißt die Wohnungen gehören einer Institution, die nicht auf eine „Rendite mit der Miete” aus ist, sondern deren Ziel es ist, günstigen Wohnraum bereitzustellen. Auch kommunale oder landeseigene Wohnungsbaugesellschaften können das Kriterium „gemeinnützig” prinzipiell erfüllen. Die Petition wird in dem Eckdatenpapier des Investors nicht einmal erwähnt – geschweige denn berücksichtigt. Zwar sollen 45% der Wohnungen eine befristete(!) Preisdämpfung bekommen – diese bleiben aber in profitorientierter und nicht in gemeinwohlorientierter Trägerschaft. Ob dabei überhaupt eine einzige Wohnung durch eine Genossenschaft realisiert werden kann (ggf. wären dies 12%), ist durch geschickte Formulierungen des Investors keinesfalls sicher. Die Förderprogramme der Stadt würden eine 10 oder 15jährige Bindung bedeuten (Förderprogramm der Region 20 Jahre), für diese Bindung erhält Gerlach einen Millionenbetrag an Subventionen aus der öffentlichen Hand – um nach Auslaufen der Bindung frei vermarkten zu können (= „marktkonforme“ Mietsteigerungen oder Umwandlung in Eigentumswohnungen). Die Stadtverwaltung nimmt dies bisher einfach hin, sie verweist darauf „dass es dem Vorhabenträger ermöglicht werden muss Gewinne zu erwirtschaften.“ Das ist schon juristisch fragwürdig, da der Investor den Kaufpreis nicht nennt (und juristisch nicht nennen muss), kann der Gewinn (= Erlös abzüglich Kosten fürs Grundstück & Bauen) gar nicht der relevante Maßstab sein. Die Stadt muss dem Investor NICHT seine Gewinne garantieren, wenn dieser sich mit einem zu hohen Kaufpreis verspekuliert hat. Vielmehr könnte die Stadt einen großen Teil der durch die B-Planänderung ausgelösten Steigerung des Grundstückswerts für gemeinwohlorientierte Interessen auf dem Grundstück abschöpfen. Juristisch richtig ist hingegen die Aussage der Stadt „Die in einem städtebaulichen Vertrag vereinbarten Leistungen müssen den gesamten Umständen nach angemessen sein (§ 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB).“ Das komplette Ignorieren einer Petition von 2500 Menschen, um Gerlach (Privatvermögen 250 Millionen Euro) höhere Gewinne zu ermöglichen ist aber nicht „angemessen“. Nun ist die „gute Zusammenarbeit“ zwischen Stadt und Bauwirtschaft in Hannover nicht Neues: Ergebnis ist, dass Hannover (zusammen mit Berlin) im bundesweiten Vergleich einen der beiden vordersten Plätze bei Mietsteigerungen belegt. In der Nordstadt waren dies allein von 2007 bis 2018 bei den Angebotsmieten eine Steigerung von 52% (!).

2. Offene Prüfung möglicher Umnutzung bereits bestehender Gebäude mit dem Ziel der Kostenreduzierung.

Unter einer offenen Prüfung verstehen wir zuallererst eine von den Interessen des Investors unabhängige Prüfung. Das von Gerlach mit der Prüfung beauftragte und bezahlte Architekturbüro kann eine solche unmöglich gewährleisten. Die Stadtverwaltung behauptet nun „Eine ergebnisoffene Prüfung zum Erhalt der bestehenden Gebäude wurde bereits durch das Architekturbüro Gruppe OMP durchgeführt und im Rahmen des bisherigen Beteiligungsprozesses intensiv diskutiert.“ In deren Darstellungen auf der Abschlussveranstaltung wurden aber lediglich zwei Varianten gegenüberstellt: der Total-Abriss und der vollständige Erhalt ohne Zubau. Letzteres hatte aber niemand gefordert. Was ist mit Möglichkeiten dazwischen? Wie sieht es mit dem Erhalt des denkmalwürdigen Bumke-Hauses am E-Damm aus? Wenn die Stadtverwaltung behauptet „Die Architekten haben im Rahmen der Bürgerbeteiligung plausibel dargelegt, dass der Erhalt der bestehenden Gebäude keine Kostenreduzierung ermöglicht“ kann das nur als skurril bezeichnet werden: es wurde keine einzige Zahl zu Umbaukosten genannt und die Erörterungen erfolgten auf Basis eines falscher Grundrisses – ohne das dies die Stadt oder Gerlachs Arbeitskreismitglieder auch nur bemerkt hätten.

3. Eine soziale und nachhaltige Architektur (z.B. kollektive Nutzungsmöglichkeiten, Freiflächen, Orte für Begegnung/Gemeinschaftsräume, Kita, kostenreduzierende selbstverwaltete Wohnformen, etc.).

Dieser sehr allgemeinen Formulierung der Petition stimmt die Stadt immerhin prinzipiell zu. Allerdings sagt sie: „Die Umsetzung der in der Petition formulierten sozialen und nachhaltigen Architektur kann mit dem rechtlichen Instrumentarium (hier: BauGB) jedoch nur teilweise sichergestellt werden. Die Verwaltung empfiehlt diesem Punkt daher im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten zu folgen.“ Klar ist aber: das was dazu bisher im Eckdatenpapier des Investors formuliert wurde, ist viel zu wenig/vage. Statt einer angemessenen Berücksichtigung von Klimaschutzanforderungen oder einem Konzept für ein autofreies Quartier findet sich dort kaum verbindliches – außer das 15% der Fahrradstellplätze einen Elektroanschluss kriegen. Möglichkeiten über ein selbstverwaltetes Wohnprojekt mit Eigenleistungen Ressourcen und Kosten zu sparen wurden ebenfalls komplett ignoriert.

4. Umfassende demokratische Mitentscheidung bei der Umnutzung des Geländes und der Entwicklung des städtebaulichen Vertrags.

Die Ausgestaltung eines Beteiligungsprozesses soll von Nordstädter*innen und nicht vom Investor entschieden werden. Denn der Investor hat sein Verfahren mit folgenden „Arbeitsmethoden“ gestaltet:

• Verweigerung neutraler Expertise (z.B. bei der Prüfung von Umnutzungsoptionen),

• Verschweigen von Kalkulationsgrundlagen (z.B. Kaufpreis)

• Verschleierung durch selbst erschaffene (scheinbare) Sachzwänge (z.B. falsche Plandarstellungen),

• Verarschung: grundlegende Änderung der Verfahrensregeln im laufenden Verfahren (ohne Rückkopplung mit der Öffentlichkeit),

• Verdrehungen: verspätete (bis zu 3 Monate) und „leicht tatsachen-verdrehende“ Erstellung der Protokolle durch das Planungsbüro,

• Verlagerung von Streitpunkten in direkte Hinterzimmer-Gespräche mit der Stadt (in denen die Stadt dann – warum auch immer – nachgab),

• Verstecken: eigentlich sollen 12% der Wohnungen über eine Genossenschaft umgesetzt werden, aber im Kleingedruckten versteckt sich eine profitsichernde Hintertür (= der Einbezug einer Genossenschaft kann umgangen werden),

• Verhindern einer öffentlichen Begehung (stattdessen gab es eine Führung für max. 5 Personen),

• Vertuschen: Weglassen von Informationen im Eckdatenpapier (z.B. Dauer der Befristungen von Sozialwohnungen, Mietsteigerungsoptionen trotz Sozialbindung, etc.).

Vor dem Hintergrund dieser Scheinbeteiligung bestätigt die Stadt immerhin, dass das Verfahren noch vollkommen offen ist: „Die Verwaltung empfiehlt diesem Punkt insoweit zu folgen, als dass der Forderung nach einer umfassenden demokratischen „Mitwirkung“ nachgekommen werden soll.“ Gemeint ist das jetzt startende offizielle Verfahren zum Bebauungsplan. Ein Warnsignal ist aber der (juristische richtige) Satz: „eine „Mitentscheidung“ [ist] rechtlich nicht vorgesehen.“ Wir werden aber bestimmt keine Entscheidung hinnehmen, die mit den beschriebenen „Arbeitsmethoden“ vorbereitet wurde und dann über die Köpfe der Nordstädter*innen hinweg im Rat der Stadt getroffen wird.

5. Einrichtung einer Anwaltsplanung zur Begleitung des Planungs- und Umsetzungsprozesses. Bei der Auswahl des*der Anwaltsplaner*in müssen vor Ort bestehende Initiativen berücksichtigt werden.

Die Stadtverwaltungen sieht keinen Bedarf für eine Anwaltsplanung (also eine Planung, die nicht-investorengesteuerte Expertise bereitstellt). Denn die Stadt behauptet: „Um diese Fläche im Sinne des Stadtteils zu entwickeln wurde eine Bürgerbeteiligung durchgeführt. Im Rahmen dieses Beteiligungsverfahrens wurde der Arbeitskreis nach dem 1. öffentlichen Forum nochmals angepasst, um ein möglichst breites Meinungsbild aus dem Stadtteil und deren unterschiedlichen Bewohnergruppen zu bekommen. In diesem Rahmen konnten unter Begleitung von unterschiedlichen Fachleuten die Planungsziele und einzelne Aspekte der Planung für dieses Areal diskutiert werden.“

Die Qualität der Arbeitsmethoden wurde bereits im vorherigen Punkt 4 beschrieben. Und hier nochmal: bei der Formulierung des Eckdatenpapiers des Investors wurde nur der geschlossene Arbeitskreis einbezogen – NICHT jedoch die Öffentlichkeit. Denn die öffentliche Vorstellung des Eckdatenpapiers auf dem abschließenden Zukunftsforum sah überhaupt keine Änderungsmöglichkeit mehr vor. Es gibt keinen Konsens zwischen den am Prozess beteiligten! Auch unter den bis zum Ende am Arbeitskreis teilnehmenden Initiativen und Einzelpersonen herrscht Unzufriedenheit mit den Ergebnissen: Sie äußerten Bedenken, ob der zum Teil selektierten Informationslage und dass sie mit Sachzwängen, die für sie (z.T. aufgrund fehlender Sachkenntnis z.B. zu Planungsrecht oder Förderbedingungen) nicht einschätzbar waren – unter Druck gesetzt wurden. Die Kritiker*innen beklagten auch den Zeitdruck, da sie nach den langwierigen Diskussionen nicht mehr die Energie hatten, eine weitere Überarbeitung des Eckdatenpapiers einzufordern. Dennoch hat der bisherige Prozess ein brauchbare Arbeitsgrundlage ergeben – damit meinen wir aber nicht das Eckdatenpapier des Investors, sondern das Alternativkonzept von „Bumke selber machen“. An der Umsetzung dieses Konzeptes wollen wir gerne – idealerweise unterstützt durch eine Anwaltsplanung – gemeinsam mit den Nordstädter*innen und den zukünftigen Mieter*innen der Wohnungen auf dem Bumke-Areal weiterarbeiten. Wir müssen gemeinsam verhindern, dass das investorenfreundliche Eckdatenpapier umgesetzt wird! Und wir wollen deutlich machen: Eine nachhaltige und soziale Stadtentwicklung ist mit profitorientierten Investor*innen nicht zu machen!“